Brief vom 9. Februar 1830

Von: Pückler-Muskau, Lucie von (1776–1854)
An: Carolath-Beuthen, Adelheid von (1797–1849)
Ort: Muskau
Datum: 9. Februar 1830
Umfang: 1 Br. 2 Bl.
Standort: Pückler-Archiv Branitz, Kasten 6, Mappe 58
Signatur: NPCH.ACLP30.005
Betreff: Strapazen der Rückreise

Beschreibung

Noch lebe ich - aber es hing an einem Haar, daß mein letztes Stündlein zu Cyrus in Eis und Schnee geschlagen hätte: denn grässlich und gräulich war der Weg am Fuß des dortigen Berges - und nur durch ein Wunder bin ich nicht 20 mal umgeworfen und in dem kalten mit Schnee gefülltem Element erstickt. Eine solche Umlegung des Schlitten, war indessen genug, mich bis auf die Haut zu durchnässen und so gebadet den ganzen Schlitten mit triefenden Pelzen und Fußsocken angefüllt, musste ich 2 Stunden fahren, wobei die Angst noch gefährlicher Avantiuren ein mir schon ganz unsichtbar gewordener Postillion, des Andren blutig zerschellte Nase, das bis am Hals versinken der Pferde und schwarze Flüche schlagen auf die Todt matten Thiere, kurz noch hundert Ungemach an uns selbst und an andren mit angesehenen nur einen schwachen Umriß des fürchterlichen Bildes und der wahrhaft fabelhaften Fahrt abzugeben vermögen. In Freystadt empfing mich eine gefrorene Stube, hier [bekam] ich einen Pelz von Madline und alle nasse Habseligkeiten von dem Hemde an wurden am Camin getrocknet. Zähneklappernd machte ich dann nach einer Stunde wieder Toilette und mit einigen Tropfen [Hegyalga, Wein] wurden die bleichen Lippen angfeuchtet und auf dein Wohl getrunken, meine Mische. [...] Mein Lou der die ganze Zeit, daß der Schlitten umgelegen, in der Schwebe sich erhielt, um mich nicht todtzudrücken, frug mehremal ängstlich wie es mir ginge, worauf ich aus der nassen Tiefe, wie er behauptet, recht gut gerufen. Nach vielen Erzählungen der Madam Gruber und einer sanften Ruhe auf dem Sopha erreichte ich Tags drauf mein altes Musakoff, wo es zwar heimlich und warm, aber sehr sehr einsam ist., Rückblick auf die Tage in Carolath, Herr v. Muschwitz.