Von: Pückler-Muskau, Lucie von (1776–1854)
An: Carolath-Beuthen, Adelheid von (1797–1849)
Ort: Berlin
Datum: 3. Februar 1831 [angegeben als Februar 1831]
Umfang: 1 Br. 2 Bl.
Standort: Pückler-Archiv Branitz, Kasten 6, Mappe 59
Signatur: NPCH.ACLP31.004
Geliebte Adelheidt.
Kennst Du das inhaltschwere traurige Wort, welches die Stimmung
ausspricht, durch welche das Herz mit versiegter Hoffnung schlägt, der
Geist in seiner Flugkraft gelähmt sich fühlt, und alles [...]
unerquicklich an uns vorübergeht, während das matte Auge sucht und sucht
- nirgends die Beruhigung, doch den spitzen Keil der Sorge an wunden
Stellen getrieben, findet!
Mißmuth heißt es. Mißmuth den die schwarze Melancholie erzeugt.,
solchen Mißmuth empfindet sie, weil Adelheid nicht da ist, Aber
Mißmuth lähmt auch Faehigkeiten, ja selbst die Thätigkeit, und wo er
wirkt, erblüht kein frisches Leben, was Mittheilung zu handhaben
versteht. Oede steht der Schreibtisch und bestaubt die Federn! Geschieht
auch ein Versuch: er versiegt. Fünf bis sechs Zeilen, worin kein Ausdruck
steht, wie die Waisenkinder verlassen, auf dem weißen leeren Blatte
allenfalls nur durch Tintentropfen unmündig verletzt. So, grade so
stehts, in dem Salon voller Spiegel: ausgeschmückt mit Carmoisin rother
Seide: bestimmt dich aufzunehmen bestimmt durch deine Liebenswürdigkeit
deinen Geist die angenehmen Kreise herbeizuziehn, zu bilden, zu beleben
- Jetzt, ein einsames stilles zweckwidriges Gemach! In der Ecke: jener
veroedete Schreibtisch tief in einem Sessel davor: die Gestalt deiner
Mutter gedrückt - ihre Stirn umflort, ihre Brust beklommen. [...] Rosen
streute die Phantasie auf diese Tage, als sie noch kommen sollten.