Von: Pückler-Muskau, Lucie von (1776–1854)
An: Carolath-Beuthen, Adelheid von (1797–1849)
Ort: Berlin
Datum: 4. April 1845
Umfang: 1 Br. 10 Bl.
Standort: Pückler-Archiv Branitz, Kasten 7, Mappe 73
Signatur: NPCH.ACLP45.009
Betreff: Verkauf Muskaus, trifft Pückler, der Muskau am 29. März verlassen hat, sie wollen gemeinsam die neuen Besitzungen (Branitz) sehen
Besserung der Gesundheit und Verkauf von Muskau: Meine Gesundheit ist
besser, mein Gemüth ist fast ganz beruhigt [...]: und wenn ich auch im
Schmerz (wie wäre es anders möglich?) von der herrlichen Stelle scheiden
werde, die die Schöpfung meines theuren Freundes ein lange zum
genussreichen Wohnsitz diente, so bin ich doch vollkommen in dieser
Wendung meines Schicksals - wie soll ich sagen? Nicht zufrieden aber
darin ergeben, daß es nicht anders ist, nicht anders für die Ruhe
Pücklers sein konnte. Nun du weißt, welche Allmacht ein entschiedener Begriff über eine
Sache ausübt, - und seit das erste mal von einem Verkauf Muskaus die
Rede gewesen, mögen wohl Wünsche mit Plänen hervorgegangen sein in der
Seele dessen, dem der Besitz, wie die Entscheidung darüber gehörte:
welche die Oberhand über alle Gegengründe und Vorstellungen es zu
erhalten gewonnen hatten. Nun frage ich dich: wer
kann sich so in eines dritten Individualität versetzten, daß er richtig
über die [leitenden] Triebfedern, die Verhältnisse aburtheilen dürfte,
welche für oder gegen unsere Handlungen und die Gründe ihrer Entstehung
sind. Noch befrage dich, was eigne Persönlichkeit anbelangt, wie du mein
ächtes Blut, diese immer denen unterzuordnen verstandest, die deine
Liebe hatten. So ist mein Fall denn derselbe hier; und wirklich ich
mache mir aus meiner Resignation in dem Geschehen nicht einmal einen
Verdruß [...] es mir unmöglich wäre, auf eine andere Weise zu fühlen und
meine wahre Liebe und Anhänglichkeit für Pückler eine andere Gestalt zu
geben. Also ich bin ruhig - und so weit, daß ich wo ich`s vermag ich
auch [...] in der Zukunft eine heitere Faerbung aus diesem Ereigniß
[...] abzugewinnen. Was stünde mir näher, als der Gedanke dadurch mit
dir öfter vereinigt zu sein? Und innig herzlich danke ich dir deinem
guten Mann, deinen holden Kindern, den Wunsch, wie das Anerbieten, mich
Viel mit Euch zu sehen. Wohl zähle ich unbedingt auf dich meine Mische.
[...] Noch um Eins bitte ich, ich bitte flehentlich darum! Nicht meinem
guten Pückler was er gethan zu verleiden. Du sprichst dies nicht aus.
Oder der theure Fürst, ungehindert vielleicht Anders über diese Sache.
Sage ihm, stelle ihm vor, wie nur so große Verschiedenheit in den
Ansichten herrschen kann, ohne daß doch der Eine oder Andre darum
strenger zu richten wäre [...]. Nichts aber würde mich mehr betrueben,
als sollte irgend ein Mann, er sei Freund, [...] jetzt wo alles
unwiderruflich, Klage über den Verlust von Mußkau durch Tadel des
Prinzips, und jene Reue vielleicht, in der Seele dessen hervorrufen, der
nicht mehr zurück kann. Und hat Pückler vermocht, seine herrliche
Schöpfung aufzugeben, so hat er dies mit sich selbst abzumachen. [...]
Sobald ich aufgeräumt habe, reise ich ab, mein Engel, und suche Pückler
auf, der seit dem 29tn M. für immer verlassen hat. Dann wollen wir
zusammen so wie Wetter und Wege günstig werden, die neuen Besitzungen sehen.
Dann könnte es wohl sein, daß ich zu dir komme,
indessen nur auf ein oder 2 Tage: um meinen letzten Aufenthalt da zu
nehmen, wo viel schwere Geschäftslasten mir noch obliegen. Hernach aber
wieder zu dir [...]. Louis und Sylvius sind sehr gut, Louis Pückler hat sich sehr hübsch
benommen.